Erdmut Bramke: Simione 2, 1999, Acryl auf Leinwand, 135 x 70 cmErdmut Bramke


Information zur Ausstellung

"Poesie", Arbeiten auf Papier und Leinwand
04.12.2010 - 26.02.2011




Die Galerie widmet Erdmut Bramke eine retrospektive Einzelausstellung in München, dabei zeigt sie einen Querschnitt aus den Werken ihrer letzen Schaffensperiode. Die Künstlerin verstarb 2002 in Stuttgart.

Farbe und Struktur sind Themen der Malerei Erdmut Bramkes (*1940). Sie bestimmen ihr Werk seit den 70er Jahren. Wenn die frühen Bilder noch von netzartigen Gitterstrukturen, später von feinen vertikalen Linien wie von einem transparenten Vorhang überzogen waren, entwickelten sich die Bilder ab den 80er Jahren freier und malerischer aus der Geste heraus. Ihre deutlich sichtbaren Pinselstrukturen sind, anders als im Informell, nicht Ausdruck augenblicklicher Befindlichkeit, sondern bleiben individuelle, künstlerische Handschrift. Dabei streben die Pinselstrukturen aus einem sich leicht verdichtenden Zentrum heraus auf die Bildränder zu und fokussieren so einen Bildraum, unter dem sich ein zweiter, andersfarbiger aber ebenso transparent gemalter befindet. Erdmut Bramke entzieht ihrer Malerei alles Gestisch-Emotionale, ohne ihr Dynamik und Räumlichkeit zu nehmen. Der Betrachter hat so das Empfinden, über die Bildmitte Schicht für Schicht in einen immer tiefer werdenden Bildraum einzutauchen, ohne von schweren alles überdeckenden Farbschichten bedrängt zu werden. Wie durch die Schnüre eines bewegten Perlenvorhanges wandert der Blick durch die vorderste Ebene der Pinselschläge und konzentriert sich auf den dahinter liegenden Farbraum. So gehen die sich überlagernden Farbebenen, dem jeweiligen Pinselduktus folgend, nicht nahtlos ineinander über, sondern spannen, jede für sich, einen Raum auf, dem das Auge mit Sehnsucht in den nächsten folgt und sich in der luftigen Weite verliert, um erneut dem Licht aus einer tiefer liegenden Schicht zu folgen.

Wichtige gestalterische Grundkomponente ist immer die enge Verbindung zwischen Farbe und Malgrund, also Leinwand oder Papier.

In den "Tauchblättern", mit denen die Künstlerin tagebuchartig Farbnotationen auf Papier aufgezeichnet hat, findet eine Erweiterung des indirekten Malvorganges statt. Die Eigendynamik der Farbpigmente in Flüssigkeit wird zum gestalterischen Grundprinzip. Farbe wird in Wasserschalen aufgelöst, in welche saugfähige Büttenpapiere "eingetaucht" werden. Die Farbe findet ohne zusätzliche Hilfe durch den Pinsel ihren Weg aufs Papier. Die meisten Blätter sind das Werk mehrerer "Tauchbäder", wobei die Künstlerin zunächst die Art des Farbklanges bestimmt. Zudem wird die Farbwirkung durch die Stärke der Farblösung und die Dauer des Einwirkens bestimmt. Das Blatt kann vollständig oder nur partiell untergetaucht werden. Wenn die Blattmitte getaucht wird, sind die Ränder ausgespart, oder ein andermal befindet sich eine gesamte Blatthälfte unterhalb des flüssigen Farbspiegels und die Pigmente wandern langsam auf der trockenen zweiten Hälfte hoch. Nicht jedes entstandene Blatt genügte den Ansprüchen der Künstlerin. Spannungslose und überreizte Blätter wurden aussortiert. Nur wenige Raritäten begleiten in poetischer Dichte unsere Ausstellung.

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